Freitag, 30. Juli 2010

Fristsetzung bei mangelhafter Kaufsache

Kommen wir noch mal zurück auf unseren Post vom letzten Mal, nämlich auf unsere Gummipuppe Shania. Wir haben uns also im Internet dieses wunderbare Exemplar bestellt. Es wird neutral verpackt angeliefert, wir packen es voller Vorfreude aus und diesmal ist Shania auch drin. Wir blasen sie auf. Und dann das: Shania hat ein Loch - und zwar an einer Stelle, an die gar keines hingehört, eines, aus der Luft entweicht!

So eine Scheiße! Denn diesmal haben wir auch noch keinen Partner gefunden, sondern sind auf Shania angewiesen. Wir haben deshalb auch weiterhin Interesse an Shania, möchten also, dass sie heile gemacht oder im schlimmsten Fall gegen eine andere Shania ausgetauscht wird. Wie kriegen wir das hin?

Immer dann, wenn wir von einem Unternehmer etwas kaufen und die Sache einen Mangel aufweist, stehen uns Mängelgewährleistungsrechte zu. Das heißt, wir haben die Wahl zwischen folgenden Möglichkeiten: Nacherfüllung, Rücktritt vom Vertrag, Minderung des Kaufpreises, Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 437 Bürgerliches Gesetzbuch). Da wir Shania unbedingt ohne das zusätzliche Loch haben wollen, entscheiden wir uns für die Nacherfüllung.

Nacherfüllung heißt, dass wir nach unserer Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer neuen Sache verlangen können (§ 439 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Ort, an dem der Verkäufer diese Verpflichtung zu erfüllen hat, ist der Ort, an dem sich die Kaufsache ihrer Zweckbestimmung nach befindet, in aller Regel also beim Käufer. Das bedeutet, dass der Käufer zu uns kommen muss, um die alte Sache zu reparieren oder um uns eine neue Sache zu liefern. Die Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten hat der Verkäufer zu tragen.

Falls wir eine Reparatur wünschen, könnte unser Schreiben folgendermaßen aussehen:


Ist uns eine neue Shania lieber, so könnten wir folgendes Schreiben an den Verkäufer verfassen:


Wichtig ist, dass wir dem Verkäufer eine Frist setzen. Denn nur wenn wir das tun, können wir in einem zweiten Schritt vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadenseratz verlangen.

Etwas komplizierter ist die Frage zu beantworten, ob wir Shania direkt mit unserer Fristaufforderung an den Verkäufer zurückschicken. Dies sollten wir nur dann tun, wenn einen Vertrag mit Rückgaberecht abgeschlossen haben. Denn nur in diesem Fall hat der Verkäufer die Kosten des Zurücksendens zu tragen. Sieht unser Vertrag jedoch kein Rückgaberecht vor, hat der Verkäufer die Pflicht, aber auch das Recht, sich die Sache abzuholen bzw. sie bei uns zu reparieren. Wenn wir sie ihm unverlangt zurückschicken, dann müssen wir die Kosten für den Transport tragen. Erscheint etwas seltsam, ist aber so. Die Juristen nennen das eigenhändige Zurückschicken Selbstvornahme, die das Gesetz gerade nicht erlaubt.

Daraus folgt: Der Verkäufer ist zunächst aufzufordern, die Reparatur bzw. Neulieferung bei uns vor Ort durchzuführen. Gleichzeitig bieten wir ihm in unserem Schreiben an, dass wir ihm die Sache auch auf seine Kosten zurückschicken können. Lässt sich der Verkäufer hierauf ein, hat er auch die Kosten zu tragen.

Tja, so sind sie, die Juristen: umständlich, unverständlich, fernab der Realität. Aber warum einfach, wenn's auch kompliziert geht?

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